Langsam erinnerte er sich . . . irgendetwas war passiert . . . Guldins . . . Guldins . . . was war das bloß ? ? ? . . . er erinnerte sich an eine Anzeige . . .Pfleger gesucht . . . modernes Raumschiff mit erstklassiger Biosphäre . . . . . . „nur“ Guldins geladen . . . Was zur Hölle waren bloß Guldins? . . . naja, auch egal . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wo war er überhaupt ? Und warum war alles schwarz ?
Ach so . . . er hatte ja noch die Augen zu.
Irgendwie traute er sich nicht, sie zu öffnen.
. . . Etwas schreckliches war passiert . . .
. . . Er wollte es nicht ansehen . . . – tat es denn aber doch . . . :
ER ÖFFNETE DIE AUGEN!
// QX 23 – MST – Y355 – S3 – E, D – MV, MST – IIRF [irgendwo im Rapsfeld] –
2004; 15.April, 19 Uhr 47 Minuten 14 Sekunden \
Nachdem unsere 20 kleinen Abenteurer im letzten Kapitel durch einen gewagten Sprung der Kinderstube entkommen waren, hatten sie erst einmal alle ziemliche Kopfschmerzen – insofern man bei Autos davon reden kann.
Doch nachdem sie sich von dem Sturzflug erholt hatten und alle aus dem T-Shirt hervorgekrochen waren und sich von den Fäden endtüdelt hatten; als dann also schließlich alle soweit waren, folgten sie der Dorfstraße nach Süden. Denn dort sollte nach Angaben von Bull die Wüste sein, in der die Raketen für den Flug zum Mond bereit stehen.
Die Dorfstraße führte aus dem Dorf hinaus und mitten in ein Rapsfeld. Fröhlich singend über die gewonnene Freiheit fuhren sie durch das Feld – es war immerhin ihr erster richtiger Ausflug ins Freie. Und endlich konnten sie ihre Höchstgeschwindigkeit von sagenhaften 333 m/min [Meter pro Minute, das entspricht ca 20 km/h] erreichen.
So rasten sie also entlang, auf der Dorfstraße, welche nun allerdings eher die Bezeichnung Feldweg verdient hätte. In der Tat stritten sich Volva und Ræco, ob sie denn noch auf der Dorfstraße wären. »Und ich sag dir, wir sind doch noch auf der Dorfstraße – oder hast du irgendwo ein Ortsschild gesehen?«, fragte Ræco Volva, welche verneinte. »Na also, da müssen wir doch noch auf der Dorfstraße sein!« »Das wäre an und für sich richtig«, antwortete Volva, »doch ich glaube, die haben das Ortsschild einfach vergessen. Oder kann man dies hier etwa eine Straße nennen?«. Mit solchen und ähnlichen Gesprächen brausten die Wagen über die Prärie in den Sonnenuntergang. Besonders die Jeeps freuten sich über die Off-Road-Tour (Was streng genommen nicht stimmte: Es war ja noch ein Weg vorhanden, wenn auch nur spärlich.)
Doch irgendwann ist auch der schönste Sonnenuntergang zu Ende.
Dies dauerte nicht allzu lang, denn immerhin hatte, als die Abenteurer aufgebrochen waren, schon der Mond geschienen. Und bekanntlicherweise geht dann die Sonne schnell unter, da sie und der Mond sich nicht so gerne sehen . . .
Es wurde also dunkel, doch das machte den Autos nichts aus: Sie schalteten ihr Licht an und fuhren im Mondenschein weiter. Denn eine Pause konnten sie sich nicht leisten. Die Außerirdischen, welche Loju entführt hatten, würden nicht auf sie warten.
Er hatte die Augen zwar nun geöffnet, aber dunkel war es immernoch.
Das lag wohl daran, dass das Licht ausgefallen war.
Doch so langsam gewöhnten sich seine Augen an das Dunkel. Die Schatten an den Wänden und auch die Wände selbst namen langsam Formen an.
Er lag irgendwie auf so einer Art Flur.
________________________________ P A N I K !
Ja, vorhin war irgendwie so eine Art Panik.
Doch warum? Irgendetwas musste passiert sein. Und es hatte etwas mit diesen seltsamen Guldins zu tun. (...Oh...diese...Kopfschmerzen...) Guldins – waren das nicht so’ne niedlichen dakelartigen Tierchen? Mit viel zu langen Haaren, welche ständig verfusselten, wenn man sie nicht 3 mal in der Woche wusch und täglich kämmte?
Ja, doch, langsam aber sicher kehrte seine Erinnerung zurück. Nun wusste er schon fast genau, wo er war: In einem RTP für Guldins. Ja, diese Viecher sollten sie irgendwohin transportieren.
Er erinnerte sich also wieder.
Gut, nun wusste er wenigstens, wo er war.
Nein, unkorreckt: Er wusste nur wo er hätte sein sollen.
Auf dem Weg von Sarg nach Ararrat.
Doch irgendwie war er woanders gelandet.
Wo? Er hatte keine Ahnung. Was sollte ihn auch die Route interessieren: Er war ein gewöhnlicher Tierpfleger gewesen, der sich „nur“ mit diesen „niedlichen“ Guldins herumschlagen musste.
Zugegeben: Am Anfang fand er sie ja auch süß.
Aber als er dann sich täglich mit den Tierchen herumschlagen musste und dauernd kämmen und betuddeln musste, hatte er doch so langsam die Lust verloren. Nun gut.
Anscheinend war er trotz der Katastrophe, welche die Panik, an die er sich nur noch schwach erinnern konnte, ausgelöst hatte, noch am Leben.
Und er war so gut wie unverletzt!
O.K, ein paar Kratzer hatte er abbekommen. Aber er konnte noch einigermaßen atmen und nach einigen Versuchen sogar gehen.
Allerdings: Mit dem Gehen hatte er noch ein paar Probleme.
Sosehr er sich auch mühte, gerade zu gehen, wurde er doch das Gefühl nicht los, dass der Flur schief war.
Und wer war nur auf diese öde Idee gekommen, dass Sternen-Panorama an der Flurwand durch grüne Muster zu ersetzen?
Kein Wunder, dass es so dunkel war. Denn die Sterne leuchteten ja nicht mehr. Dieses grüne Tapetenmuster machte jedenfalls nicht viel Licht.
Er würde sich beschweren gehen. Wenn überhaupt noch jemand da war, bei dem man sich beschweren konnte, hieß das.
Denn es war so merkwürdig still geworden - so als ob alle längst das Raumschiff verlassen hätten. Waren sie etwa gelandet?
Inzwischen war es dunkel geworden – obwohl der Mond noch schien.
Es war spät und sie waren weit gefahren.
»Haltet bitte mal kurz an«, bat Taich Mahal. »Ich habe schon wieder mein Ersatzrad verloren.«
Mürrisch hielten sie.
»Wenn wir in diesem Tempo weiterfahren, werden wir es nie rechzeitig schaffen.«, mahnte Porscha.
»Wenn wir noch lange in diesem Tempo weiterfahren«, so jammerte Bénco, ein dicklicher Transporter, »dann falle ich bald auseinander!«
»Wenn ich nicht vorher verhungere«, fügte er hinzu.
Sie waren wirklich weit gefahren, die weiteste Strecke ihres Lebens vielleicht – auf jeden Fall die weiteste Strecke in ihren bisherigen Leben.
Und dies auf Höchstgeschwindigkeit.
Und alles ohne etwas zu essen.
Was sollte man auch essen – hier, mitten in der Wildnis, wo es nichts als Raps gab.
Kein Wunder, dass die ersten bereits am Ende waren.
Plötzlich begann Benco wie ein Shoßhund zu jammern: »HUUUUNGER! ICH HABE HUUUUUUUNGER! HuuuuuuuuuuHuuuuuuuuuuHuuuuuuuunger! H – U – N – G – E – R ! Ich werde steeeeeerben – vor Huuuuuunger...«
»Ist ja gut, ist ja gut.«, versuchte Beatla ihn zu ermuntern. »Wir finden schon was zu Essen.«
»Aber was soll man denn hier essen! Hier ist doch nichts als Raps!«, maulte Bénco.
»Ich hab mal gehört«, wusste Lexicara, »dass es auch Autos gibt, die mit Rapsöl fahren. Nennt sich glaube ich Bio-Diesel. Vielleicht ist Raps wirklich essbar?«
»Das ist mir jetzt auch egal«, murmelte Bénco trotzig. »Wenn ich Hunger habe, ess ich – wenn’s sein muss sogar Raps. Und wenn es auch das letzte ist, was ich tue.«
Worauf er gierig und ohne das ihn jemand aufhalten konnte sich über ein paar Rapsstauden hermachte, welche den Fehler begangen hatten, direkt am Feldrand zu wachsen.
»Hoffentlich ist es auch wirklich nicht giftig«, murmelte Bull.
»Giftig?«, fragte Bénco, der trotz Mampferei erstaunlich gut zuhörte.
»Von wegen!
Das ist das beste Zeug, was ich je gegessen habe!«
Bénco schien es jedenfalls zu schmecken.
Und auch die anderen begannen langsam die Rapsstauden zu fällen, und zu verspeisen.
Er konnte kaum etwas erkennen, denn wie bereits gesagt – die Beleuchtung war miserabel.
Zwar hatten die Sterne früher auch nicht viel Licht auf dem Flur gespendet, doch nun glaubte er zu erahnen, dass es daneben auch mal eine Beleuchtung gegeben hatte.
Auf jeden Fall warfen die grünen Wände nicht viel Licht, und wenn, dann nur in Streifen, sodass man neben dem Licht im Schatten noch weniger sehen konnte.
Wenn es irgendwas gab, was Illilill noch schlimmer als Dunkelheit fand, dann war es dieses diffuse Licht.
Wohin waren bloß die ganzen Leute?
Anscheinend waren sie alle geflohen.
Es hatte eine Panik gegeben.
Und wenn seine letzte Schlussfolgerung stimmte und sie wirklich auf irgendeinen Planeten gestrandet waren, so hatten gewiss alle die Rettungskapseln genommen und waren kurz vor der Bruchlandung abgeflogen.
Nur er war mit der PANIK wieder nicht klargekommen und in Ohnmacht gefallen.
Keiner hatte sich um ihn gekümmert.
Es musste wohl wirklich ein ernster Fall gewesen sein.
Was sollte er nun tun?
Rein instinktmäßig war er in die untere Hälfte des Schiffes, „unter Deck“ gegangen – dorthin wo die Rettungskapseln gelagert waren. Hier unten sah alles sehr merkwürdig aus, was aber daran lag, dass dieser Teil des Schiffes in der Regel nur für die Techniker zugänglich war.
Über sich sah Illilill die riesige Gravi-Platte, die jetzt jedoch abgeschaltet war.
Diese Gravi-Platte bestand aus einem Element, welches, wenn man es mit der richtigen Stromfrequenz durchsetzte, ein unheimlich starkes Gravitationsfeld erzeugte.
Somit konnte man auch auf langen Reisen die Gravitation für die Mannschaft simulieren.
Der einzige Nachteil an einer solchen Platte war nur, dass „unter Deck“ die Gravitation gewissermaßen auf den Kopf gestellt war, woraus sich die merkwürdige Konstruktion des Unter-Decks ergab. Doch nun war die Platte deaktiviert und Illilill hatte Mühe, die Rettungskapselschächte zu erreichen.
Eine Kapsel war noch übrig: Kapsel Nr. 13.
Seine Kapsel.
Nicht dass er abergläubisch gewesen wäre, im Gegenteil, die 13 war seine Glückszahl.
An einem Freitag den 13. hatte er Mary getroffen, seine Verlobte, am 13. April hatte er Geburtstag.
Aber hier schien er doch Pech gehabt zu haben.
Er bestieg die Rettungskapsel und drückte den roten Knopf.
Mit einem Ruck löste sich die Kapsel und kam mit einem Ruck wieder zum stehen.
Na doll – dachte sich Illilill. Hat also nicht funktioniert.
Er wollte wieder zurück ins Raumschiff gehen, doch als er den Deckel öffnete, sah er, dass er bereits aus demselbigen hinaus war.
Er befand sich ca. 10 Meter unter ‚seinen’ Raumschiff mitten im Grünen auf einer Unmenge umgemähter Bäume.
Sein Raumschiff – wie er es jetzt schon empfand – war wohl oder übel abgestürzt.
„Ding dong“ machte seine Armbanduhr – Illilill schreckte auf: Regenwald.
Super.
Eine Ansammlung von wilden Bäumen und wilden Viechern.
Er war also auch noch auf einem unzivilisierten Planeten gelandet, voll von noch nicht gezähmter Natur.
Nicht das er etwas gegen Natur hatte – Natur ist schön und gut, solange sie sich der Technik, also der Zivilisation unterordnet.
Aber wildes, unkontrolliertes Wachstum? So etwas konnte es auf einem zivilisierten Planeten gar nicht geben. Denn jede Zivilisation zeichnet sich doch durch die Zähmung der Natur aus!
„Bloß zurück ins Raumschiff“, dachte sich Illilill.
Doch jenes befand sich jetzt 10 Meter über ihm.
„Mist, wie komm ich denn jetzt wieder da hoch?“
Er schaute sich um.
„Überall nischt wie Wald.“
Und woraus besteht Wald?
„Aus lauter Bäumen – wat für ne doofe Frage!“
Und was ist das besondere an Bäumen?
„Sie sind groß.
Ey – Moment mal, wenn ich nun so’n Baum hochkletter ...“
In genau 10 Minuten 9 Sekunden (und 17 Hunderstelsekunden) war er auf dem Baum.
„So’ne Hektik – und alles nur für die doofe Stoppuhr.“
»Mist Wald«, sagte auch Ræco. »Überall nur Bäume, und dann noch dieser doofe Sandweg.«
Unsere kleinen Abenteurer hatten die Nacht gut überstanden und von dem Raps von gestern keine weiteren Folgen verspürt, außer dass sie satt waren. »Oh, mein Tank«, jammerte nur Bénco, der sich überfressen hatte und nun Tankweh (Bauchweh) litt.
Nachdem sie aufgebrochen waren, waren sie weiter auf dem Feldweg gen Süden gefahren und dabei in einen großen Wald gelangt.
Dunkel und düster hoben sich die Bäume vom blauen Himmel ab, was die Autos unwillkürlich an den „Düsterwald“ erinnerte, von dem sie schon so oft gehört hatten. Laut dem Schriftsteller J.R.R.Tolkien sollte es dort Orks und Trolle und anderes unheimliches Getier geben.
Aber der Kompaß von Toyo Red, dem anderen Geländewagen neben Taich Mahal, ein Outdoor-Spezialist, zeigte unmissverständlich in den Wald. (Natürlich die Seite des Kompasses, die nach Süden wies.)
Also fuhren sie hinein. Das war ungefähr um 9:30 Uhr gewesen.
Jetzt war es aber 13:36 Uhr.
Das heißt sie waren jetzt schon über 4 Stunden im Wald.
Der Gepard machte sich daran, den Baum hochzuklettern.
„Ich dachte, das is’n Raubtier! Raubtiere können doch gar nicht klettern, oder?“
Der Gepard zählte anscheinend zur Gattung der kletternden Raubtiere.
„Mist.
Und nu?“
Illilill kletterte also weiter nach oben, bis er mit dem Kopf gegen etwas stieß ...
„Autsch! Was’n das schon wieder?!“
Es war das Raumschiff.
„Ach so.“
„Mensch, da is ja’n Loch im Raumschiff!“
Da erinnerte er sich an die Rettungskapsel. „Gerettet hat se mich wohl kaum.“
Da erinnerte er sich an die Sprengung. „Ach, da kommt das Loch her.“
Da erinnerte er sich an den hungrigen Gepard. „A – schit, der kommt ja auch noch!“
„Nischt wie rinn ins Raumschiff.“
Also kletterte er in das Loch, aus welchem die Rettungskapsel herausgefallen war.
Aber weit kam er nicht, da das Raumschiff automatisch die Öffnung der Kapsel von innen verriegelt hatte, damit die Luft im Raumschiff nicht nach der Sprengung entweicht.
„Und wie komm ich jetzt rin?“
Es gab keine Möglichkeit.
„Na doll.“
Aber er hatte zum Glück seinen Raumanzug angezogen.
„Ach ja?“
Denn ohne Raumanzug würde er das Raumschiff nie verlassen – erst recht nicht auf einem fremden, wilden Planeten, von dem er noch nicht mal wusste, ob die Atmosphäre atembar ist.
Und in dem Raumanzug war eine Rückstoßpistole, die eine sehr heiße Flamme hatte, welche sich prima zum Aufschweißen von Türen eignet.
„Ah, verstehe“
Der Gepard kam immer näher.
Würde Illilill es schaffen, rechtzeitg die Tür aufzuschweißen?
Er nahm die Rückstoßpistole fest in die Hand.
Und dann ...
richtete er sie auf den Gepard? Wollte er ihn erschießen?
Nein, er haute dem Gepard damit auf die Schnauze!
„Ach, ich kann das arme wehrlose Tier doch nicht erschießen...“
Das war auch nicht mehr nötig.
Der Gepard war durch den Schlag so verdattert, dass er vom Baum gefallen war.
»Und wann kommen wir endlich aus dem Wald?«, fragte Méla Ernst ungeduldig. (Ernst ist ihr Nachname.)
»Wir fahren jetzt schon über fünf Stunden auf diesem Sandweg und durch diesen doofen Wald!«, jammerte auch Ræco.
»Und wir sind total vom Kurs abgekommen«, bemerkte Toyo Red.
»Ich fahr jetzt aber nicht durch das Gestrüpp«, meinte Beatla. »Da gibt es bestimmt Trolle.«
»Oder Orks«, fügte Barabaas, ein dunkelroter Saab, ängstlich hinzu.
»Und vielleicht auch Knusperhexen?«, spottete Bemwa, eine schwarze Sportwagen-Cabrio. »Ihr glaubt doch nicht etwa an diese ganzen Kindermärchen, oder? Die haben sich doch die Bücherschreiber nur ausgedacht!«
Doch da, plötzlich, sprang ein feuerrotes Wesen mitten auf die Straße.
Alle wichen zurück.
Das Tier sah sie an mit seinen bösartigen Augen.
Es hatte eine Haselnuss zwischen den Klauen. – Wollte es sie damit bewerfen?
Es schlug noch ein paar mal mit seinen buschigen Schwanz, dann huschte es davon.
Was hatte es wohl vertrieben?
Die Autos wagten nicht, daran auch nur zu denken. Sie blieben starr vor Angst stehen.
„Sieben Stunden hatte ich versucht, die Luke des Raumschiffes zu öffnen, doch erfolglos. Weder das Schweißgerät des Raumanzuges noch die Stange, die ich als Brecheisen benutzte, brachten mich weiter.
Ebensogut hätte ich versuchen können, die Tür mit bloßen Händen zu öffnen.
Nun gut.
Also seilte ich mich den Baum hinab – der Gepard war zwar gerade weg, aber wer weiß, wann der wiederkommt? – und ging zurück zu der Rettungskapsel, die dort unten noch lag.
Wieso hatte ich mich auch aus dem Raumschiff geschossen, ohne vorher einmal die Lage zu übersehen?
Na egal. Nu bin i jedenfalls aus’m Raumschiff raus.
Ich stieg also in die Rettungskapsel zurück.
Zum Glück ist diese von innen verschließbar. So bin ich hier drinnen wenigstens vor den wilden Tieren sicher.
Nahrung und Wasser habe ich hier drinnen auch genug.
Aber was soll ich hier tun?
Und noch viel wichtiger – wie komm ich wieder von diesem blöden Wald-Planeten weg?
Als erstes sollte ich die Lage checken.
Und erst mal alles der Reihe nach aufschreiben.
Denn in dieser Kapsel habe ich ein Logbuch gefunden. Schon seltsam, zur Zeit der Computer auf Papier zu schreiben. Aber nach dem Notfallplan ist es streng verboten, auf'm Computer zu schreiben, die wollen das Logbuch schwarz auf weiß.
Denn das ist immer noch zuverlässiger als das digitale Zeugs. Ein Stromausfall und alles ist weg! Apropros Strom: Ich weiß auch leider nicht, wie lange die Rettungskapsel-Batterie läuft. Aber das Überleben sollte hierin einige Zeit möglich sein...
Nachdem ich noch schnell ein wenig von den Nahrungskonzentraten (widerliches Zeugs übrigens) zu mir genommen hatte, hab ich erst erst einmal den Hergang des Absturzes niedergeschrieben. [Diese Passage des Logbuches wurde ausgelassen, da dem Leser dieser Teil der Geschichte schon bekannt sein dürfte.]
Diese Begegnung mit dem gelben, schwarzgepunkteten Untier war aber auch wirklich nervenaufreibend! Das hätte mich bestimmt verspeist! Denn laut Computer – so etwas gibt es jetzt wirklich in jeder kleinen Rettungskapsel – war dies ein fleischfressender Gepard. Ein Raubtier also! Und das ist bestimmt auch gerne mal exotische Ware - also mich!
Wär ich bloß nicht hier gelandet! Sicher sind die Guldins an allem Schuld. Bestimmt haben diese Viecher was damit zu tun.
Und nun? – Ich hab keine Ahnung, was ich jetzt tun soll.
In's Raumschiff komme ich anscheinend nicht – dafür bräuchte ich schon ein Pressluftbohrer.
Mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als hier zu warten, bis die anderen wieder zurückkommen.
Ich hab gerade mal den Äther durchforstet, ob die anderen schon Nachrichten gesendet haben.
Hab zwar keine gefunden, aber dafür ist der Äther voll von Radio- und Fernsehsendern!
Der Planet ist zwar prähistorisch, aber immerhin gibt es hier schon Satelliten-Fernsehen und Radio!
Und gar nicht mal so’n schlechtes Programm . . .“ [Hierauf wird sich im Logbuch ausgiebig über die einzelnen Programme der Sender ausgelassen.]
Anscheinend drohte keine Gefahr mehr von dem roten Wesen.
Sie fuhren also weiter.
Da wurde der Weg auf einmal von einer anderen Art von Wesen versperrt.
Diese, denn es war nicht nur ein Wesen sondern deren hunderte, liefen quer über den Weg.
Allein ihre Größe hätte unsere Abenteurer wohl nicht aufgehalten, denn im Gegensatz zu dem roten buschigen Monster von vorhin waren diese Wesen viel kleiner, sogar kleiner noch als die Spielzeugautos.
Aber es waren so viele! Und sie liefen so ungeordnet über den Weg – von links nach rechts und wieder andersrum, so das man gar nicht an ihnen vorbei kam!
»Ey, ihr da! Aus dem Weg!« Gelf, ein gelbes Porsche-Cabrio, versuchte diese Tierchen zu verscheuchen, doch vergebens.
Anstatt wegzulaufen liefen sie nur um ihn herum, wichen ihm aus, oder fuhren einfach über ihn hinüber!
»Ey, die laufen einfach so über mich rüber! Jetzt sind sie auch noch am Eisen! Ey, das sind Ameisen!«
Ja, das waren sie tatsächlich. Emsige Ameisen, die am Eisen von Gelf herumliefen. Letzten Endes war es diesen Ameisen auch egal, wolang sie liefen, Hauptsache der Weg führte zum Bau.
Nachdem Gelf demonstriert hatte, dass von den Ameisen keine sonderliche Gefahr ausging, außer dass man bekrabbelt wurde, schöpften auch die anderen Mut und überquerten die Ameisenstraße.
Dann fuhren sie weiter.
Stundenlang.
Doch der Wald schien kein Ende zu nehmen. Dafür wurde nach und nach der Weg immer dünner, bis er schließlich an einen einsamen Haus mitten im Wald endete.
Mit gemischten Gefühlen näherten sie sich dem Haus.
Einerseits bedeutete es Rettung, denn wo ein Haus ist, sind auch Menschen mit ihren Autos, die den Abenteurern helfen könnten.
Andererseits – woher sollten sie wissen, ob diese Menschen keine Autofresser waren?
Trommelwirbel ........ und plötzlich erschall dröhnend laute Raggea-Musik!
Und ...... der Riese begann zu tanzen!
Langsam fuhr er dabei aus der Garage. Denn man muss wissen, dass die Autos nicht die Menschen als Riesen bezeichnen – diese kennen sie doch unter der Bezeichnung Mensch – sondern die anderen, großen Autos.
Und um so eines handelt es sich hier. Genauer: um einen Landrover in grün. Toyo Rav, der sich als Jeep irgendwie zum Vermittler berufen fühlte, fuhr vor, um den Riesen nach den Weg zu fragen.
Da erst bemerkte ihn jener. Er drehte die Musik herunter.
»Wohin hast du dich denn verirrt?«, fragte er ihn.
»Verirrt ist genau richtig.«, antwortete Toyo. »Wir haben uns nämlich verirrt.«
»Wir? Hey, Moment, da sind ja noch mehr! Hört mal Leute, ich würd euch ja gerne helfen, aber mein Mensch will gerade einkaufen fahren. Wenn ihr wollt, fahrt mir einfach hinterher – ich zeig euch den Weg aus dem Wald.«
»Danke«, beeilte sich Toyo zu sagen, denn sie mussten sich sputen, um den Landrover nicht aus den Augen zu verlieren. Dieser fuhr zwar für seine Verhältnisse langsam, aber für unsere kleinen Abenteurer waren ja bereits 333 m/min, was ca. 20 km/h entspricht, die Höchstgeschwindigkeit. Die kleinen Autos hatten also durchaus Schwierigkeiten, ihm zu folgen. Endlich aber waren sie aus dem Wald heraus.
»Tschüs, kleine Freunde, ich muss jetzt wirklich schneller fahren – mein Mensch ist bereits fuchsteufelswild und ich will nicht schon wieder in die Werkstatt!« »Nochmals danke dir!«, rief ihm Toyo hinterher. Doch das hatte der Landrover bereits nicht mehr gehört.
»Und dabei wissen wir noch nicht mal seinen Namen.«, murmelte Toyo.
»Ach, den treffen wir noch mal wieder.«, versprach ihm Taich Mahal.
»Merkwürdig, diese Riesen.«, murmelte Kafo. »Wieso?«, fragte Volva. »Er schien irgendwie einen Menschen in sich drin zu haben. Ob er den gefressen hat?«
Heute war ich erst gegen Mittag aufgewacht. Denn gestern hab ich bis in die späten Abendstunden ferngesehen. Dementsprechend spät bin ich heute erst aufgewacht. Aber dies ist immerhin erst mein dritter Tag auf diesem Planeten. Mein Biorythmus muss sich erst einmal umstellen.
Nun, ich wachte heute auf und wusste erst einmal gar nicht, wo ich bin. Dann fiel mir aber wieder der Puma – äh, Gepard ein. Und dann dieser gottverlassene Planet. Überall nur Urwald. Allerdings – laut dem Fernsehen soll es hier auch anderes Land geben. Ich bin hier wohl nur in einer unbedeutenden Kolonie gelandet.
Warum sind wir hier nur vorbeigeflogen? Und warum bin ich ausgerechnet hier, weitab von aller Zivilisation gelandet?
An Allem sind bestimmt nur die Guldins schuld!
Ich konnte sie eh nie leiden. „Oh, wie süß!“, sagten immer alle, wenn sie sie sahen. Als ob man sie essen könnte ...
Apropro – Essen, gute Idee. Ich werd' jetzt erst einmal was essen. Hmm – Synthetiknahrung. Angeblich Oyto*-Steak. Dazu dann Mickles**. Nagut, für den Notfall kann man dies schon mal akzeptieren. Ich sollte aber zusehen, wie ich wieder in’s Raumschiff komme. Ich kann doch nicht ewig hier versauern ... also – Los!
[Logbuch-Eintrag Ende]
* Lexikon: Oyto, der - Eine Büffelähnliche Zuchtierart auf Land Ry, der große Nahrungsmittelproduktionsplanet.
** Lexikon: Mickles, die – kleine Eier von fischähnlichen Tierchen.
Er schloss das Logbuch.
Erst einmal raus aus der Kapsel. Über ihm erstrahlte das weiße Raumschiff im Regenwald-Licht. Jetzt sah Illilill auch den Grund dafür, dass er letztens im Gang nichts sehen konnte: Das Raumschiff war schon enorm vom Regenwald überwachsen – also auch die großen Scheiben, die vom Flur aus nach draußen zeigten.
Oben war das Raumschiff.
Unten war er.
Aber das Seil war weg – hatte es der Gepard weggenommen?
So musste Illilill wieder den Baum hochklettern. Was ihm aber mit dem Multifunktionswerkzeu aus der Kapsel sehr leicht fiel.
»Nu hat mich die Situation aber ganz schön auf die Palme gebracht«, witzelte Illilill.
Aber es war gar keine Palme – es war nur ein tropischer Baum. Doch mögen wir Illilill diesen Irrtum verzeihen – so lange war er ja noch nicht auf dem Planeten.
Darauf marschierte er durch die Schleuse ins Raumschiff.
Einfach so?
Einfach so. Denn er hatte ja das Multifuktionswerkzeug, womit er dem Raumschiff nur die Anweisung geben musste, die Schleuse zu öffnen, und es öffnete die Schleuse.
So einfach war das.
Nun wanderte er durch das Schiff. Der Vorratsteil des Schiffes – der ebenfalls separat an das Schiff angebracht war – war leider abgesprengt, das hieß also keine großartige Versorgung. Aber in den einzelnen Kabinen war genug Material, um sich für eine Weile zu versorgen.
Und ansonsten hatte er ja noch die Rettungskapsel, in der noch eine Menge Synthetiknahrung lag...
Eigentlich hatte er nur Zugang zu seiner eigenen Kabine. Aber mit einem Brecheisen und einem Schweißbrenner lässt sich auch das intelligenteste Verschlusssystem überlisten – vor allem so eines in einem Raumschiff, was auf solche Einbruchsversuche nicht eingerichtet ist. Und er glaubte auch nicht, dass irgendeiner seiner Kollegen etwas dagegen haben würde. Sie hätten an seiner Stelle genauso gehandelt.
Als er alles durchforstet hatte, überlegte er, was er nun tun sollte.
Er kam zu dem Schluss, dass das Beste wohl wäre, den Mover startklar zu machen. Ein Glück, dass sie den Mover gerade für ihr Teaterstück in „ihren“ Wald geschafft hatten!
HINWEISE für den unwissenden Leser:
Der Mover ist ein fahrendes Gerät (aus dem engl. move für bewegen – im Orginal allerdings mit anderen aber nicht schreibbaren Namen, (der Übersetzter).
Teatherstücke werden oft in Raumschiffen, besonders auf den Frachtern, die eine besonders lange Überfahrt vor sich haben, inszeniert. Denn die Weltraumreisen sind meist sehr lang und dementsprechend langweilig. So fingen dann viele Besatzungen an, in der Zeit, in welcher sie nichts zu tun hatten, Teatherstücke zu inszenieren.
Inzwischen war dies so zum Kult geworden, dass jeder Künstler, der was auf sich hielt, mit einem Frachter mitflog, um sich davon inspirieren zu lassen. Die Ankunft eines Frachters war stets ein Fest, zu dem dann in der Regel das Teatherstück aufgeführt wurde.
Und zuletzt:
Der Wald. Es war üblich geworden – zumindest in den besseren Frachtern – ein Stück Natur mitzuschleppen, da sich dies positiv auf die Gesundheit der Besatzung auswirkte. In der Werbung wurde dann immer von einem "Biotop" gesprochen, dass es sich dabei um ein äußerst kleines handelt, wird dabei gerne verschwiegen.